FRENZI RIGLING

IM GESPRÄCH MIT GERDA RIDLER

Frenzi-Rigling_Portrait_Vorschau.jpgFrenzi Rigling

Die Künstlerin Frenzi Rigling macht in ihrer Ausstellung "Über Das" sichtbar, was häufig im Verborgenen bleibt. Ihre Arbeiten reflektieren die Zyklen unserer Existenz und die Fragilität des täglichen Lebens. In der Tradition künstlerischer feministischer Praxis thematisieren sie aber auch gesellschaftspolitische Fragestellungen. Vor Ausstellungseröffnung trafen sich Gerda Ridler und die Künstlerin auf ein Gespräch:

Gerda Ridler (GR): Du bist in der Schweiz aufgewachsen und hast an der Schule für Gestaltung in Zürich studiert. Woher rührt deine künstlerische Neigung und welches Studienfach hast du belegt?

Frenzi Rigling (FR): Meine Mutter war Schneiderin – äußerst kreativ und gescheit. Mein Vater war Lehrer und war zeichnerisch begabt. Kunst war bei uns ein Thema, aber nur bis zur Moderne. Ich habe eigentlich nichts von dem erfüllt, was man von künstlerisch begabten Kindern erwartet hat. Ich war zur Lehrerin bestimmt und Zeichenlehrerin habe ich dann nach einem Abstecher in die Textildesign-Klasse schlussendlich auch studiert.

GR: Du lebst seit mehr als dreißig Jahren in Österreich. Was hat dich dazu bewogen, von der Schweiz nach Österreich zu übersiedeln?

FR: Nach meiner Ausbildung habe ich einige Zeit unterrichtet. Wie sage ich, dass es mir in der Schweiz zu eng war, ohne dass es überheblich klingt? Ich wollte nach Wien, ich wusste, wer dort an der Akademie unterrichtete: Rainer, Lassnig, Mikl, Hollegha – sicher spannend?!

GR: Mit deinem Mann, dem Künstler Alois Mosbacher, lebst du in Wien und seit zehn Jahren auch im niederösterreichischen Obermarkersdorf. Erhöht die Ruhe und Abgeschiedenheit im Norden des Weinviertels deine künstlerische Produktivität?

FR: Ich liebe diese Landschaft und ich mag die Leute hier. Als „Zugereiste“ werde ich nie ganz dazugehören, aber dieser Zustand ist mir nicht unangenehm. Hier wissen die Leute, meist Bauern, welche Arbeit wann zu tun ist. Das Gefühl, dass die Jahreszeiten den Tagesablauf bestimmen, mag ich sehr.

GR: Wie würdest du deine Idee von Kunst beschreiben?

FR: Ich habe Malerei studiert, aber ziemlich bald waren andere Medien wichtiger für mich. Ich habe immer Interesse am Prozesshaften gehabt und das Endprodukt nie für so wichtig gehalten. Aber ist Kunst nicht einfach: über existentielle Fragen nachdenken, Resultaten eine Form geben und sinnlich darzubieten?

GR: Du findest das Besondere im Alltäglichen. Willst du mit deiner Kunst unsere Perspektiven auf den Alltag umkrempeln?

FR: Alltag hat viel mit Struktur und Ordnung zu tun und wird so strukturiert, dass er möglichst reibungslos abläuft. Diese Systeme der Alltagsbewältigung sagen viel über eine Gesellschaft aus und das interessiert mich. Die Schönheit und Freiräume der erarbeiteten Alltagsstrukturen suche ich und verwende sie für meine Arbeit.

GR: In deinem künstlerischen Werk geht es oft um Wandlungsprozesse. Ist Veränderung eines deiner künstlerischen Leitmotive?

FR: Veränderung zulassen und aushalten ist für mich eine tägliche Übung. In der Kunst arbeite ich gerne mit Modulen und Bausteinen. Die Arbeiten schlagen vor, stoßen an und können sich lange verändern. Meine Arbeitsweise ist sehr langsam – bis zuletzt möchte ich noch vieles offen halten.

GR: Dein Garten ist Inspirationsquelle, du bezeichnest ihn als erweitertes Atelier.

FR: Der Garten nimmt momentan einen großen Raum in meiner Inspiration ein. Er hilft mir, aus dem „Geschehen“ in eine Stille zu treten. In dieser Mitte kann ich die Kraft aus der Umgebung wahrnehmen und umsetzen.

GR: Bei deinen Schriftbildern liegt das Hauptaugenmerk nicht auf der Schrift, sondern auf den Räumen zwischen den Buchstaben. Was interessiert dich an Auslassungen und Leerstellen?

FR: Was zwischen den Aussagen liegt, hat mich schon immer interessiert – verstärkt, seit ich in Österreich lebe. Mit meiner schweizerischen Langsamkeit bleibe ich oft in den Atempausen hängen. Und damit arbeite ich. Es braucht Räume, um Zwischenräume spürbar zu machen, egal wie meine Befindlichkeiten sind.

GR: Das von Wettbewerb und Aufmerksamkeits­ökonomie geprägte Kunstsystem ignoriert oftmals (weibliche) Positionen, die mit alltäglichen oder textilen Materialien arbeiten. Hast du die Erfahrung gemacht, dass deine künstlerische Arbeit deshalb weniger Beachtung und Wertschätzung erfährt?

FR: Ja, diese Erfahrung habe ich gemacht. Wenn man als Frau mit Stoffen und Textilien arbeitet, wird man sofort abwertend als Textilkünstlerin bezeichnet. Niemand bezeichnet Beuys wegen seiner Filzarbeiten als Textilkünstler.

Das vollständige Interview finden Sie im Ausstellungskatalog.

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