Das große Welttheater

Herbert Boeckls Entwurf für den Eisernen Vorhang in der Wiener Staatsoper 1955

LG-News_Herbert-Boekel.jpgFoto: Kunstmeile Krems

Herbert Boeckl (1894–1966) ist einer der bedeutendsten Vertreter:innen der österreichischen Malerei des 20. Jahrhunderts. Als Autodidakt widmete er sich ab 1917 vor allem der Landschafts-, Porträt-, und Stilllebenmalerei wie auch allegorischen und religiösen Thematiken. Während sein Frühwerk ganz in der Tradition eines malerischen Expressionismus steht, lässt sich im Spätwerk eine Auseinandersetzung mit der internationalen, abstrakten Malerei erkennen. Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg sowie in den 1960er Jahren war er Rektor der Akademie der bildenden Künste und als solcher wesentlich am kulturellen und intellektuellen Wiederaufbau Österreichs beteiligt.

Anlässlich der Wiedereröffnung der Wiener Staatsoper 1955 wurde für die künstlerische Gestaltung des Eisernen Vorhangs ein Wettbewerb ausgeschrieben. Daran beteiligten sich unter anderem Oskar Kokoschka, Fritz Wotruba, Max Weiler und Herbert Boeckl. Boeckls Entwurf ist eine Variation zu „Das große Welttheater“ des spanischen Dichters Pedro Calderón de la Barca. Nach dem zweiten Weltkrieg wird das Projekt des Eisernen Vorhangs zum zentralen Symbol der neuen Identität Österreichs. Boeckl definiert Österreich hier zwischen den Verwüstungen des Krieges und einer Öffnung für den internationalen Aufbruch. Calderóns Vorlage wird zur surrealen Darbietung. Anstelle des Schöpfers, der das Weltgeschehen choreografiert, erscheint eine glatzköpfige Harlekinpuppe, die eigentümliche Mischwesen herbeitrommelt. Der Entwurf kam nicht in die engere Wahl. Den Auftrag erhielt der wegen seiner künstlerischen Aktivität in der Nazizeit umstrittene Rudolf Hermann Eisenmenger. Dennoch wurde Boeckls „Das große Welttheater“ zu einem wichtigen kulturellen Selbstverständnis Österreichs während der Besatzungszeit.

Das über drei Meter breite Werk ist aktuell in der Ausstellung „Kunstschätze vom Barock bis zur Gegenwart zu sehen. Die Schau bietet einen spannenden Parcours durch Österreichs Kunstgeschichte der letzten 250 Jahre.

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