Ausstellungsplanung

in Zeiten der Pandemie

Ausstellungsansicht "Ich bin alles zugleich" (c) Lukas Beck

Mit 01. Juli eröffnet die Landesgalerie Niederösterreich (und mit ihr die Kunsthalle Krems, das Karikaturmuseum Krems und das Forum Frohner) für ihre Besucher/innen. Es wird eine neue Zeit sein, die da beginnt. Wie nachhaltig das wirkt, werden erst die nächsten Jahre zeigen. Auch Programmverantwortung wird neu gedacht werden müssen. Allein die Tatsache, dass viele Kunstwerke ihre Bedeutung verschoben haben, zeigt das eindringlich. Verhüllung war bis vor wenigen Wochen ein polarisierendes kulturelles Signal, nun ist sie ein Zeichen notwendiger Abschottung. Wir sehen nicht nur viele Dinge neu, sondern auch Bilder verändern ihre Bedeutung. Das gilt auch für ganze Ausstellungen.

Nahezu alle europäischen Ausstellungshäuser mussten ihr Programm in den letzten Wochen adaptieren, wobei der unmittelbare Anlass in der Verknappung der Laufzeit des heurigen Ausstellungsjahres gelegen ist; dies natürlich unter großem Spardruck, denn mit den Besucher/innen sind sämtliche Einnahmen weggebrochen. Eine zweite Sache ist die Verschiebung der gesellschaftlichen, sozialen und politischen Zusammenhänge durch die Krise. Anders gesagt: Wie sollten sich die Projekte in dieser neuen Gegenwart verändern, um der Aktualität als Credo der Landesgalerie Niederösterreich zu entsprechen? Natürlich betrifft das alle Projekte, wobei die Ideen erst am Anfang stehen und noch viele Jahre gedacht werden müssen.

Bei all dem sind wir immer Menschen und treffen im besten Fall nicht nur professionelle, sondern auch menschliche Entscheidungen. Wie wichtig es ist, diesen Fokus zu behalten, zeigt das Beispiel der Lieselott Beschorner. Es ist dies die längst fällige Personale einer 92-jährigen Ausnahme-Künstlerin, die gesundheitlich angeschlagen in der Kremser Ausstellung einen zentralen Lebensinhalt sieht. Berthold Ecker und ich sind überzeugt, dass Beschorner eine großartige Künstlerin ist, deren Stellenwert einer dringenden Aufwertung bedarf. Das Projekt musste verschoben werden, soll aber nur wenig später stattfinden, sodass die Künstlerin ihre Ausstellung bald schon erleben kann. Sie wird wohl bei der Eröffnung nicht anwesend sein können, aber sie wird in ihrem Gersthofer Domizil, das sie seit fast 80 Jahren bewohnt, sitzen und wissen, dass sie einige Kilometer entfernt gefeiert wird. Auch dafür sind wir da.

Im Zuge der Pandemie haben sich weite Teile der Welt auf humanistische Prinzipien verständigt. Verschiedene Länder mussten erst durch einige Versuche gehen um den richtigen Weg zu finden, mit dieser neuen Situation umzugehen, letzten Endes sind sich aber alle einig: Der Mensch sollte im Zentrum stehen. Diese Kernidee ist alles andere als neu. Aus der griechischen Antike stammend, bildet sie auch das Prinzip der Aufklärung, die letztlich auch die Gründung unserer Museen zur Folge hatte. Die gegenwärtige Reflexion all dessen wird uns in der Ausstellungsplanung noch lange beschäftigen.

Christian Bauer
künstlerischer Direktor

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