Kolumne 13/15

Jaqueline
Scheiber

Ausstellungsansicht (c) Lukas Beck

Betrachtung in eigener Sache

Ist die Darstellung des eigenen Selbst vielleicht die Erhöhung dessen? Geht sie einher mit einer gewissen Portion Arroganz und Selbstverliebtheit? Das sind Fragen, die in mir aufkommen, wenn ich die Werke in der Ausstellung „Ich bin Alles zugleich“ betrachte. Die eigene Person in die Mitte des Schaffens zu stellen geht mit einem enormen Selbstbewusstsein einher. Soweit die Annahme. Sie zu präsentieren und Blicken auszusetzen, die gesamte Aufmerksamkeit darauf zu bündeln und sich nicht vor den Details zu scheuen, die man offenbart.

Spätestens seit der Auseinandersetzung mit Erving Goffmans (1955) „impression management“, eine Theorie der Sozialpsychologie, die besagt, dass wir alle zu einem gewissen Grad der Selbstdarstellung verschrieben sind und die Kontrolle über die Eindrücke, die wir in unserem Umfeld vermitteln, halten wollen, wissen wir, dass die Gestaltung unserer Außenwirkung eben einerseits zum natürlichen gesellschaftlichen Habitus gehört. Andererseits ist es auffallend, dass sich immer wieder Persönlichkeiten aus der Menge heben, die jene Darstellung auf eine weitere Ebene heben. Ein Podest sozusagen.

Was man daraus schließen kann ist, dass ein Kunstwerk nichts weiter ist als der erweiterte Arm einer Interaktion. Künstler/innen erschaffen Werke, um sich in einer Art und Weise mitzuteilen. Dabei ist es naheliegend, dass sie auf das zurückgreifen, was ihnen am nächsten ist: das Selbst.

Unter ihnen mögen genauso viele scheue wie arrogante Persönlichkeiten weilen. Nicht jede/r, der/die eine Bühne eröffnet, braucht den Applaus hinterher. Was ich damit sagen will ist, dass diese Ausstellung im speziellen zeigt, welche unterschiedlichen Formen die Offenbarung und Interaktion annehmen kann. Künstler/innen hinterlassen sich in einem Stück Material und schaffen die Möglichkeit zugleich mit Zuseher/innen zu interagieren, obwohl sie nicht anwesend sind.

Die Selbstdarstellung ist kein Ego-zentriertes Erhöhen. Sie ist nicht weniger schüchtern als die Begegnung auf offener Straße oder in privaten Räumen. Sie ist eine Sprache, die manche Menschen sprechen und sich letztlich zu eigen machen. Menschen, die uns dazu einladen, aus der Betrachtung in einen Dialog zu gehen und unsere eigenen Anteile zu reflektieren.

 

Jaqueline Scheiber

 

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