Mit Humor gegen weibliche Rollenklischees

Die Damen

Mit Humor gegen weibliche Rollenklischees

Mit Humor gegen weibliche Rollenklischees

Inspiration war eine fotografische Aufnahme aus dem Jahr 1968, sie zeigt eine Runde elegant gekleideter Herren zusammen mit einer einzigen Dame. Über den Köpfen sind die Nachnamen zu lesen: Steiger, Kalb, Pichler, Attersee, Graf und Wiener – bei der Frau hingegen steht der Vorname „Ingrid“. Ein Foto, das die Macho-Attitüde der damals männlich geprägten  Kunst-Clique treffend charakterisiert.  Zwanzig Jahre später folgt die Antwort in Form einer Postkarte. Sie trägt den Titel „Die vier neuen Mitglieder des Ersten Wiener Männergesangvereins“ und zeigt vier Frauen, die lässig, perfekt gestylt und  in modischer Kleidung vor der Kamera posieren. Die Künstlerinnengruppe „DIE DAMEN“  war geboren, eine „Agentur für selbstbewusste Kunst von Frauen“, bestehend aus Ona B., Evelyne Egerer, Birgit Jürgenssen und Ingeborg Strobl. In aufwändigen Fotosessions und Performances setzen sie ihre emanzipatorische Haltung cool und humorvoll in Szene, mit viel Selbstironie untersuchen sie den Status der Frau im Kunstbetrieb und in der Gesellschaft.

DIE DAMEN, Der Erste Wiener Männergesangverein,1988
© Land Niederösterreich, Landessammlungen Niederösterreich
Foto: Peter Böttcher

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Die Damen

Mit Humor gegen weibliche Rollenklischees

Superstar und Pionierin der Frauenbewegung

Olga Wisinger-Florian

Superstar und Pionierin der Frauenbewegung

Superstar und Pionierin der Frauenbewegung

Kaum eine Künstlerin des 19. Jahrhunderts kann eine so großartige Karriere vorweisen wie Olga Wisinger-Florian. Ihre Ausstellungserfolge führen von Wien über Deutschland bis zu den Weltausstellungen in Paris und Chicago. Auch internationale Preise und Ehrungen erhält die Künstlerin in England, Frankreich und den USA. Dabei wollte Wisinger-Florian Konzertpianistin werden, der Malerei wendet sie sich aus gesundheitlichen Gründen zu. In einer Zeit, als Frauen nicht für das Akademiestudium zugelassen waren, wird die Künstlerin 1880 zur ersten Schülerin von Emil Jakob Schindler. Besonders engagiert sich Wisinger-Florian als Kämpferin für Frauenrechte und als Aktivistin der Friedensbewegung.

Die „Partie aus dem Kremstal“ war im Wiener Künstlerhaus und im Münchner Glaspalast zu sehen, sie zeigt das Kremstal im Spätsommer. Das Bild dürfte dem Monate-Zyklus der Künstlerin zugerechnet werden, der wohl in den Jahren 1890/1892 entstanden ist.

Olga Wisinger-Florian, Die Partie aus dem Kremstal, um 1890/1892
© Land Niederösterreich, Landessammlungen Niederösterreich
Foto: Peter Böttcher

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Olga Wisinger-Florian

Superstar und Pionierin der Frauenbewegung

Kunst, die benützt werden soll

Franz West

Kunst, die benützt werden soll

Kunst, die benützt werden soll

Franz West zweifelt traditionelle Kunstregeln an. Mit viel Humor hinterfragt und erweitert er den Skulpturenbegriff. West ist gegen eine strikte Trennung von Kunstobjekt und Betrachtung, seine „Passstücke“ versteht er als „körpererweiternde Prothesen“, wobei die genaue Funktion meist rätselhaft bleibt. Die Objekte sollen, so die Aufforderung des Künstlers, von Besucherinnen und Besuchern getragen und an den Körper angepasst werden, sie sind somit Gebrauchsgegenstand und Skulptur. Erst durch die Verbindung mit einer Aktion werden sie zum Kunstwerk. Dabei verwendet der Künstler bewusst „arme“, also kunstferne Materialien, insbesondere Pappmaché und Gips. Arbeitsspuren sind immer sichtbar, nichts ist glatt und perfekt, die Werke bekommen dadurch einen beiläufigen, experimentellen Charakter. Auch wenn West – etwa im Außenraum – mit Aluminium arbeitet, weisen die Skulpturen deutliche Nahtstellen auf und veranschaulichen damit seine Abneigung gegen einen allzu glatten Perfektionismus.

Franz West, Passstücke, 1981
© Land Niederösterreich, Landessammlungen Niederösterreich
Foto: Rita Newman

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Franz West

Kunst, die benützt werden soll

Eine Symbiose von Kunst und Natur

Johann Feilacher

Eine Symbiose von Kunst und Natur

Eine Symbiose von Kunst und Natur

Seit seiner Jugend ist Johann Feilacher Bergsteiger. Am Übergang der Baumregion zur Felsregion entdeckt er auf Geröllhalden alte, steinähnliche Holzstücke. „Sie waren grau“, erzählt der Künstler, „hat man aber in die Oberfläche hineingeschnitzt, kam plötzlich ein Knallrot heraus“. Der Anblick dieser archaisch anmutenden Gebilde wird zu einer künstlerischen Initialzündung und das Holz zum bevorzugten Werkstoff. „Holz erscheint mir für dieses digitale Zeitalter deswegen geeignet, weil es ein organisches, sich weiter bewegendes Material ist und einen Gegenpol zur ‚künstlichen‘ Welt schafft.“ Egal ob Eiche, Ulme oder auch Kiefer, Feilacher verwendet nur abgestorbene Baumstämme. Er bearbeitet sie mit der Kettensäge, doch die Einschnitte entstehen im Zwiegespräch und im Bestreben, die inneren Qualitäten des Holzes zu bewahren, ja zu offenbaren. Durch seine Gestaltung erfahren die toten Hölzer eine Metamorphose, sie werden wieder lebendig und neu.

Johann Feilacher, Kiefer Bogen, 1998
© Land Niederösterreich, Landessammlungen Niederösterreich
Foto: Peter Böttcher

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Johann Feilacher

Eine Symbiose von Kunst und Natur

Das Hauptwerk der Landessammlungen wird 100

Die zerfallende Mühle

Das Hauptwerk der Landessammlungen wird 100

Das Hauptwerk der Landessammlungen wird 100

Egon Schiele hat den Krieg gehasst. Sein Tagebuch des Jahres 1916 erzählt die Geschichte eines Menschen, der widerwillig den Dienst im Kriegsgefangenenlager Mühling versieht. Schieles Vision der „Vereinigten Staaten von Europa“ bringt es auf den Punkt, wie sehr er die Zukunft des Miteinanders herbeisehnt. Jede freie Minute verbringt er in der Natur, es entstehen Notizen, Zeichnungen und Gemälde. Die „Zerfallende Mühle“ ist das zentrale Hauptwerk dieser Periode und zugleich eines der schönsten Schiele-Bilder überhaupt. Schiele selbst hat das Werk, dessen Zentrum eine alte, abgewrackte Mühle bildet, seine „vielleicht schönste Landschaft“ genannt. Heute ist das Bild, das am 1. Juni 1916 begonnen wurde und einst im Besitz des Regiegiganten Fritz Lang gewesen ist, der wertvollste mobile Besitz des Landes Niederösterreich.

Egon Schiele, Zerfallende Mühle, 1916
© Land Niederösterreich, Landessammlungen Niederösterreich
Foto: Peter Böttcher

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Die zerfallende Mühle

Das Hauptwerk der Landessammlungen wird 100

Doch ein politisches Bild

Oskar Kokoschka, Selbstbildnis mit Stock

Doch ein politisches Bild

Doch ein politisches Bild

Manche Kunstwerke zeigen einen Menschen ganz privat und sind doch unglaublich politisch. Auch die Ruhe der Darstellung ist irreführend, denn das Gemälde entsteht in turbulenten Zeiten. Oskar Kokoschka hat Wien nach dem Bürgerkrieg des Jahres 1934 in Richtung Prag verlassen und wird hier bis zur Emigration nach England bleiben. Die politische Entwicklung holt den Künstler allerdings ein, denn die tschechische Regierung erlässt im Juni 1935 ein Gesetz, das Ausländern politisches Engagement untersagt. Wenn auch Staatspräsident Tomáš Garrigue Masaryk Kokoschka daraufhin die tschechische Staatsbürgerschaft verschafft, ist der Künstler über die Entwicklung Europas mehr als erschüttert.
Umgeben von autoritären Staatsformen (Ständestaat in Österreich, Nationalsozialismus in Deutschland), sieht sich der Künstler in der Rolle des Wanderers auf der Rast inmitten einer idyllischen Landschaft. Dieses Bild des Nachdenkens und Innehaltens ist eines der schönsten Selbstbildnisse des Künstlers überhaupt.

Oskar Kokoschka, Selbstbildnis mit Stock, 1935
© Land Niederösterreich, Landessammlungen Niederösterreich
Foto: Peter Böttcher

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Oskar Kokoschka, Selbstbildnis mit Stock

Doch ein politisches Bild

Querkopf und Universalkünstler

Padhi Frieberger

Querkopf und Universalkünstler

Querkopf und Universalkünstler

„Hier arbeitet ein Genie - und keiner merkt's“, so charakterisiert Padhi Frieberger augenzwinkernd seine Kunst. Konsequent verweigert er sich den Regeln und der Geschäftigkeit des Kunstmarktes, Zeit seines Lebens gilt er als „unangepasst“ und „Außenseiter der österreichischen Kunstszene“. Frieberger, der in allen erdenklichen Medien und Ausdrucksformen arbeitet, ist Künstler durch und durch, doch er kann es nicht ausstehen, als „Lebenskünstler“ kategorisiert zu werden, auch wenn sein Einsiedlertum auf Schloss Hagenberg dieses Klischee nahelegt und Kunst und Leben zu einem „Padhiland“ verschmelzen. In der Kunst komme es nicht darauf an, was man macht, sondern wie man es macht, so Frieberger, nicht darauf Kunst zu schaffen, sondern zu leben. Krems oder Wien? Der Geburtsort von Frieberger ist ein Rätsel, so wie vieles in seinem Leben und Werk.

Padhi Frieberger, Padhi F., 1975
Farbfotografie Marcel Houf
© Land Niederösterreich, Landessammlungen Niederösterreich
Foto: Peter Böttcher

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Padhi Frieberger

Querkopf und Universalkünstler

Privates Selbstbildnis oder künstlerische Inszenierung?

Elke Silvia Krystufek

Privates Selbstbildnis oder künstlerische Inszenierung?

Privates Selbstbildnis oder künstlerische Inszenierung?

Die Augen sind weit aufgerissen, der starre Blick wirkt überrascht, aber auch herausfordernd. Seit den Jugendjahren dokumentiert und inszeniert Elke Silvia Krystufek ihr Leben in Malerei und Fotografie, in Film und Performance. Medium ist ihr Körper, oft ist die Künstlerin auf ihren Bildern nackt und gibt scheinbar Persönliches und Intimes von sich preis. Geschickt spielt Krystufek mit der Grenze zwischen Privatsphäre und Öffentlichkeit, inszeniert sich als Kunstfigur mit schrillen Perücken und selbstgeschneiderten Kleidern. In Textfragmenten bedient sie sich der englischen Sprache, Genderfragen oder Voyeurismus sind beliebte Themen. In „A Minor History“ liefert sich Krystufek, wie so oft, den Blicken der Betrachterinnen und Betrachter aus und ist stark und verletzlich zugleich. 

Elke Silvia Krystufek, A Minor History, 2000
© Land Niederösterreich, Landessammlungen Niederösterreich
Foto: Peter Böttcher
 

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Elke Silvia Krystufek

Privates Selbstbildnis oder künstlerische Inszenierung?

Die Farbe Rot und der Lebenssaft

Hermann Nitsch

Die Farbe Rot und der Lebenssaft

Die Farbe Rot und der Lebenssaft

„Ich möchte eine sehr expressive Kunst machen“, sagt Hermann Nitsch, „eine Kunst, die wachrüttelt, die bewirkt, dass Menschen merken, dass sie existieren.“ Seine ersten Schüttbilder entstehen 1961. Auf große Leinwände werden Farbe und Blut geschüttet und gespritzt, mit der bloßen Hand verschmiert und nur selten mit dem Pinsel aufgetragen. Doch bald tritt die malerische Aktion und das Orgien-Mysterien-Theater in den Vordergrund – ein lebensbejahendes Fest des Seins, das alle Sinne anspricht und meist auf Schloss Prinzendorf in Niederösterreich, dem Wohnsitz des Künstlers, stattfindet. Anstelle von Malereien entstehen Relikte aus den Aktionen, etwa mit Blut gefärbte Stoffe und Gewänder. Erst in den 1980er Jahren malt Nitsch wieder Bilder. Nun fließen auch andere Farben ein, das Rot bleibt aber vorherrschend. Es ist die intensivste Farbe, Sinnbild für Fleisch und Blut, Liebe und Gewalt, Leben und Tod.

Hermann Nitsch, Schüttbild, 1986
© Land Niederösterreich, Landessammlungen Niederösterreich
Foto: Peter Böttcher

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Hermann Nitsch

Die Farbe Rot und der Lebenssaft

Ein Abbild Österreichs

Herbert Boeckl, Das große Welttheater

Ein Abbild Österreichs

Ein Abbild Österreichs

Herbert Boeckl beteiligt sich mit der Variation zu Calderons „Großem Welttheater“ am Wettbewerb für den Eisernen Vorhang zur Wiedereröffnung der Österreichischen Staatsoper im Jahr 1955. Nach Krieg und Besatzungszeit wird das Projekt zum zentralen Symbol der neuen Identität Österreichs. Boeckl, der die nachfolgende Künstlergeneration maßgeblich prägen sollte, definiert Österreich hier zwischen den Verwüstungen des Krieges und einer Öffnung für den internationalen Aufbruch. Calderons Vorlage wird zur surrealen Darbietung. Anstelle des Schöpfers, der das Weltgeschehen choreografiert, erscheint eine glatzköpfige Harlekinpuppe in rot-weiß-roter Hose, die eigentümliche Mischwesen herbeitrommelt. Die Jury war überfordert und gab Rudolf Hermann Eisenmenger den Vorzug, der – von Adolf Hitler bewundert – die Kriegsjahre von 1939 bis 1945 als Präsident des Wiener Künstlerhauses zugebracht hatte.

Das Werk ist von 12. Mai bis 6. November 2016 in der Ausstellung „Rot ich weiß Rot. Kritische Kunst für Österreich“ im Forum Frohner zu sehen.

Herbert Boeckl, Das große Welttheater, 1955
© Land Niederösterreich, Landessammlungen Niederösterreich
Foto: Peter Böttcher

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Herbert Boeckl, Das große Welttheater

Ein Abbild Österreichs

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Mit Humor gegen weibliche Rollenklischees

Die Damen

Mit Humor gegen weibliche Rollenklischees

Mit Humor gegen weibliche Rollenklischees

Inspiration war eine fotografische Aufnahme aus dem Jahr 1968, sie zeigt eine Runde elegant gekleideter Herren zusammen mit einer einzigen Dame. Über den Köpfen sind die Nachnamen zu lesen: Steiger, Kalb, Pichler, Attersee, Graf und Wiener – bei der Frau hingegen steht der Vorname „Ingrid“. Ein Foto, das die Macho-Attitüde der damals männlich geprägten  Kunst-Clique treffend charakterisiert.  Zwanzig Jahre später folgt die Antwort in Form einer Postkarte. Sie trägt den Titel „Die vier neuen Mitglieder des Ersten Wiener Männergesangvereins“ und zeigt vier Frauen, die lässig, perfekt gestylt und  in modischer Kleidung vor der Kamera posieren. Die Künstlerinnengruppe „DIE DAMEN“  war geboren, eine „Agentur für selbstbewusste Kunst von Frauen“, bestehend aus Ona B., Evelyne Egerer, Birgit Jürgenssen und Ingeborg Strobl. In aufwändigen Fotosessions und Performances setzen sie ihre emanzipatorische Haltung cool und humorvoll in Szene, mit viel Selbstironie untersuchen sie den Status der Frau im Kunstbetrieb und in der Gesellschaft.

DIE DAMEN, Der Erste Wiener Männergesangverein,1988
© Land Niederösterreich, Landessammlungen Niederösterreich
Foto: Peter Böttcher

Superstar und Pionierin der Frauenbewegung

Olga Wisinger-Florian

Superstar und Pionierin der Frauenbewegung

Superstar und Pionierin der Frauenbewegung

Kaum eine Künstlerin des 19. Jahrhunderts kann eine so großartige Karriere vorweisen wie Olga Wisinger-Florian. Ihre Ausstellungserfolge führen von Wien über Deutschland bis zu den Weltausstellungen in Paris und Chicago. Auch internationale Preise und Ehrungen erhält die Künstlerin in England, Frankreich und den USA. Dabei wollte Wisinger-Florian Konzertpianistin werden, der Malerei wendet sie sich aus gesundheitlichen Gründen zu. In einer Zeit, als Frauen nicht für das Akademiestudium zugelassen waren, wird die Künstlerin 1880 zur ersten Schülerin von Emil Jakob Schindler. Besonders engagiert sich Wisinger-Florian als Kämpferin für Frauenrechte und als Aktivistin der Friedensbewegung.

Die „Partie aus dem Kremstal“ war im Wiener Künstlerhaus und im Münchner Glaspalast zu sehen, sie zeigt das Kremstal im Spätsommer. Das Bild dürfte dem Monate-Zyklus der Künstlerin zugerechnet werden, der wohl in den Jahren 1890/1892 entstanden ist.

Olga Wisinger-Florian, Die Partie aus dem Kremstal, um 1890/1892
© Land Niederösterreich, Landessammlungen Niederösterreich
Foto: Peter Böttcher

Kunst, die benützt werden soll

Franz West

Kunst, die benützt werden soll

Kunst, die benützt werden soll

Franz West zweifelt traditionelle Kunstregeln an. Mit viel Humor hinterfragt und erweitert er den Skulpturenbegriff. West ist gegen eine strikte Trennung von Kunstobjekt und Betrachtung, seine „Passstücke“ versteht er als „körpererweiternde Prothesen“, wobei die genaue Funktion meist rätselhaft bleibt. Die Objekte sollen, so die Aufforderung des Künstlers, von Besucherinnen und Besuchern getragen und an den Körper angepasst werden, sie sind somit Gebrauchsgegenstand und Skulptur. Erst durch die Verbindung mit einer Aktion werden sie zum Kunstwerk. Dabei verwendet der Künstler bewusst „arme“, also kunstferne Materialien, insbesondere Pappmaché und Gips. Arbeitsspuren sind immer sichtbar, nichts ist glatt und perfekt, die Werke bekommen dadurch einen beiläufigen, experimentellen Charakter. Auch wenn West – etwa im Außenraum – mit Aluminium arbeitet, weisen die Skulpturen deutliche Nahtstellen auf und veranschaulichen damit seine Abneigung gegen einen allzu glatten Perfektionismus.

Franz West, Passstücke, 1981
© Land Niederösterreich, Landessammlungen Niederösterreich
Foto: Rita Newman

Eine Symbiose von Kunst und Natur

Johann Feilacher

Eine Symbiose von Kunst und Natur

Eine Symbiose von Kunst und Natur

Seit seiner Jugend ist Johann Feilacher Bergsteiger. Am Übergang der Baumregion zur Felsregion entdeckt er auf Geröllhalden alte, steinähnliche Holzstücke. „Sie waren grau“, erzählt der Künstler, „hat man aber in die Oberfläche hineingeschnitzt, kam plötzlich ein Knallrot heraus“. Der Anblick dieser archaisch anmutenden Gebilde wird zu einer künstlerischen Initialzündung und das Holz zum bevorzugten Werkstoff. „Holz erscheint mir für dieses digitale Zeitalter deswegen geeignet, weil es ein organisches, sich weiter bewegendes Material ist und einen Gegenpol zur ‚künstlichen‘ Welt schafft.“ Egal ob Eiche, Ulme oder auch Kiefer, Feilacher verwendet nur abgestorbene Baumstämme. Er bearbeitet sie mit der Kettensäge, doch die Einschnitte entstehen im Zwiegespräch und im Bestreben, die inneren Qualitäten des Holzes zu bewahren, ja zu offenbaren. Durch seine Gestaltung erfahren die toten Hölzer eine Metamorphose, sie werden wieder lebendig und neu.

Johann Feilacher, Kiefer Bogen, 1998
© Land Niederösterreich, Landessammlungen Niederösterreich
Foto: Peter Böttcher

Das Hauptwerk der Landessammlungen wird 100

Die zerfallende Mühle

Das Hauptwerk der Landessammlungen wird 100

Das Hauptwerk der Landessammlungen wird 100

Egon Schiele hat den Krieg gehasst. Sein Tagebuch des Jahres 1916 erzählt die Geschichte eines Menschen, der widerwillig den Dienst im Kriegsgefangenenlager Mühling versieht. Schieles Vision der „Vereinigten Staaten von Europa“ bringt es auf den Punkt, wie sehr er die Zukunft des Miteinanders herbeisehnt. Jede freie Minute verbringt er in der Natur, es entstehen Notizen, Zeichnungen und Gemälde. Die „Zerfallende Mühle“ ist das zentrale Hauptwerk dieser Periode und zugleich eines der schönsten Schiele-Bilder überhaupt. Schiele selbst hat das Werk, dessen Zentrum eine alte, abgewrackte Mühle bildet, seine „vielleicht schönste Landschaft“ genannt. Heute ist das Bild, das am 1. Juni 1916 begonnen wurde und einst im Besitz des Regiegiganten Fritz Lang gewesen ist, der wertvollste mobile Besitz des Landes Niederösterreich.

Egon Schiele, Zerfallende Mühle, 1916
© Land Niederösterreich, Landessammlungen Niederösterreich
Foto: Peter Böttcher

Doch ein politisches Bild

Oskar Kokoschka, Selbstbildnis mit Stock

Doch ein politisches Bild

Doch ein politisches Bild

Manche Kunstwerke zeigen einen Menschen ganz privat und sind doch unglaublich politisch. Auch die Ruhe der Darstellung ist irreführend, denn das Gemälde entsteht in turbulenten Zeiten. Oskar Kokoschka hat Wien nach dem Bürgerkrieg des Jahres 1934 in Richtung Prag verlassen und wird hier bis zur Emigration nach England bleiben. Die politische Entwicklung holt den Künstler allerdings ein, denn die tschechische Regierung erlässt im Juni 1935 ein Gesetz, das Ausländern politisches Engagement untersagt. Wenn auch Staatspräsident Tomáš Garrigue Masaryk Kokoschka daraufhin die tschechische Staatsbürgerschaft verschafft, ist der Künstler über die Entwicklung Europas mehr als erschüttert.
Umgeben von autoritären Staatsformen (Ständestaat in Österreich, Nationalsozialismus in Deutschland), sieht sich der Künstler in der Rolle des Wanderers auf der Rast inmitten einer idyllischen Landschaft. Dieses Bild des Nachdenkens und Innehaltens ist eines der schönsten Selbstbildnisse des Künstlers überhaupt.

Oskar Kokoschka, Selbstbildnis mit Stock, 1935
© Land Niederösterreich, Landessammlungen Niederösterreich
Foto: Peter Böttcher

Querkopf und Universalkünstler

Padhi Frieberger

Querkopf und Universalkünstler

Querkopf und Universalkünstler

„Hier arbeitet ein Genie - und keiner merkt's“, so charakterisiert Padhi Frieberger augenzwinkernd seine Kunst. Konsequent verweigert er sich den Regeln und der Geschäftigkeit des Kunstmarktes, Zeit seines Lebens gilt er als „unangepasst“ und „Außenseiter der österreichischen Kunstszene“. Frieberger, der in allen erdenklichen Medien und Ausdrucksformen arbeitet, ist Künstler durch und durch, doch er kann es nicht ausstehen, als „Lebenskünstler“ kategorisiert zu werden, auch wenn sein Einsiedlertum auf Schloss Hagenberg dieses Klischee nahelegt und Kunst und Leben zu einem „Padhiland“ verschmelzen. In der Kunst komme es nicht darauf an, was man macht, sondern wie man es macht, so Frieberger, nicht darauf Kunst zu schaffen, sondern zu leben. Krems oder Wien? Der Geburtsort von Frieberger ist ein Rätsel, so wie vieles in seinem Leben und Werk.

Padhi Frieberger, Padhi F., 1975
Farbfotografie Marcel Houf
© Land Niederösterreich, Landessammlungen Niederösterreich
Foto: Peter Böttcher

Privates Selbstbildnis oder künstlerische Inszenierung?

Elke Silvia Krystufek

Privates Selbstbildnis oder künstlerische Inszenierung?

Privates Selbstbildnis oder künstlerische Inszenierung?

Die Augen sind weit aufgerissen, der starre Blick wirkt überrascht, aber auch herausfordernd. Seit den Jugendjahren dokumentiert und inszeniert Elke Silvia Krystufek ihr Leben in Malerei und Fotografie, in Film und Performance. Medium ist ihr Körper, oft ist die Künstlerin auf ihren Bildern nackt und gibt scheinbar Persönliches und Intimes von sich preis. Geschickt spielt Krystufek mit der Grenze zwischen Privatsphäre und Öffentlichkeit, inszeniert sich als Kunstfigur mit schrillen Perücken und selbstgeschneiderten Kleidern. In Textfragmenten bedient sie sich der englischen Sprache, Genderfragen oder Voyeurismus sind beliebte Themen. In „A Minor History“ liefert sich Krystufek, wie so oft, den Blicken der Betrachterinnen und Betrachter aus und ist stark und verletzlich zugleich. 

Elke Silvia Krystufek, A Minor History, 2000
© Land Niederösterreich, Landessammlungen Niederösterreich
Foto: Peter Böttcher
 

Die Farbe Rot und der Lebenssaft

Hermann Nitsch

Die Farbe Rot und der Lebenssaft

Die Farbe Rot und der Lebenssaft

„Ich möchte eine sehr expressive Kunst machen“, sagt Hermann Nitsch, „eine Kunst, die wachrüttelt, die bewirkt, dass Menschen merken, dass sie existieren.“ Seine ersten Schüttbilder entstehen 1961. Auf große Leinwände werden Farbe und Blut geschüttet und gespritzt, mit der bloßen Hand verschmiert und nur selten mit dem Pinsel aufgetragen. Doch bald tritt die malerische Aktion und das Orgien-Mysterien-Theater in den Vordergrund – ein lebensbejahendes Fest des Seins, das alle Sinne anspricht und meist auf Schloss Prinzendorf in Niederösterreich, dem Wohnsitz des Künstlers, stattfindet. Anstelle von Malereien entstehen Relikte aus den Aktionen, etwa mit Blut gefärbte Stoffe und Gewänder. Erst in den 1980er Jahren malt Nitsch wieder Bilder. Nun fließen auch andere Farben ein, das Rot bleibt aber vorherrschend. Es ist die intensivste Farbe, Sinnbild für Fleisch und Blut, Liebe und Gewalt, Leben und Tod.

Hermann Nitsch, Schüttbild, 1986
© Land Niederösterreich, Landessammlungen Niederösterreich
Foto: Peter Böttcher

Ein Abbild Österreichs

Herbert Boeckl, Das große Welttheater

Ein Abbild Österreichs

Ein Abbild Österreichs

Herbert Boeckl beteiligt sich mit der Variation zu Calderons „Großem Welttheater“ am Wettbewerb für den Eisernen Vorhang zur Wiedereröffnung der Österreichischen Staatsoper im Jahr 1955. Nach Krieg und Besatzungszeit wird das Projekt zum zentralen Symbol der neuen Identität Österreichs. Boeckl, der die nachfolgende Künstlergeneration maßgeblich prägen sollte, definiert Österreich hier zwischen den Verwüstungen des Krieges und einer Öffnung für den internationalen Aufbruch. Calderons Vorlage wird zur surrealen Darbietung. Anstelle des Schöpfers, der das Weltgeschehen choreografiert, erscheint eine glatzköpfige Harlekinpuppe in rot-weiß-roter Hose, die eigentümliche Mischwesen herbeitrommelt. Die Jury war überfordert und gab Rudolf Hermann Eisenmenger den Vorzug, der – von Adolf Hitler bewundert – die Kriegsjahre von 1939 bis 1945 als Präsident des Wiener Künstlerhauses zugebracht hatte.

Das Werk ist von 12. Mai bis 6. November 2016 in der Ausstellung „Rot ich weiß Rot. Kritische Kunst für Österreich“ im Forum Frohner zu sehen.

Herbert Boeckl, Das große Welttheater, 1955
© Land Niederösterreich, Landessammlungen Niederösterreich
Foto: Peter Böttcher