Der Blick des Archäologen

Franz Pieler

Mittelalterlicher Hafen

Ein mittelalterlicher Hafen in Krems an der Donau

Beim Bau der Landesgalerie Niederösterreich wurden in sechs Metern Tiefe zahlreiche Holzpfähle entdeckt. Es handelt sich dabei um Reste eines mittelalterlichen Hafens. Im Jänner 2017 ließ das Bundesdenkmalamt unter der Leitung des Archäologen Franz Pieler Rettungsgrabungen vornehmen. Diese ergaben, dass die kurz zuvor freigelegten Hölzer Teil eines komplexen Pfahlreihensystems waren. Die Pfähle lagen unter einer fast sechs Meter starken Schicht aus Donauschotter und waren in ältere Schotterschichten gegraben.

Heute ist gewiss, dass man die Reste eines mittelalterlichen Hafens geborgen hat. Er verfügte wahrscheinlich über kein Hafenbecken, sondern dürfte aus einem verzweigten System von Seitenarmen mit Uferbefestigungen aus Holzpfählen, Stegen und Flechtwerkzäunen bestanden haben. Hier mündete einst der Alaunbach in einen Seitenarm der Donau, der sich wohl flussabwärts verzweigt hat, inzwischen aber längst verlandet ist. Karten aus dem 18. und 19. Jahrhundert zeigen noch mehrere Inseln zwischen Alt- und Seitenarmen der Donau. Heute ist das Donauufer knapp 200 Meter entfernt.

Archäologische Funde aus dem mittelalterlichen Hafen

Das Fundmaterial lässt auf einen langen Nutzungszeitraum schließen: Der Hafen in Krems dürfte vom ausgehenden Hochmittelalter bis zumindest ins 17. Jahrhundert bestanden haben. Aus den Funden leiten Archäologen Erkenntnisse über die frühere Nutzung dieses Bereiches ab. So ermitteln sie mithilfe dendrochronologischer Untersuchungen das Alter der Holzpfähle: Sie stammen von 1250 bis 1350, also aus der Zeit des Übergangs vom Hochmittelalter zum Spätmittelalter. Doppelt gesetzte, teils mit waagrechten Balken verbundene Pfahlreihen trugen vermutlich Anlegestege, die sich parallel zum Ufer erstreckten. Vorgelagerte Einzelpfähle und in großen Abständen angelegte Pfahlreihen dienten vielleicht zum Festmachen von Booten, für die sich allerdings nur indirekt Nachweise fanden: ein Holzruder und Metallklammern.

Ein weiteres Fundstück, eine einzelne römische Münze, steht hingegen in keinem Zusammenhang mit den hölzernen Konstruktionen. Als Hochwässer die Insellandschaft allmählich veränderten, wurden Anpassungen der Hafenanlage notwendig: Die Uferbefestigungen und die Stege entlang der Donauarme wurden neu gesetzt.

Den mittelalterlichen Hafen virtuell erleben

Abbildung:

  • Christian Redtenbacher

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