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Kolumne 05/15

Jaqueline
Scheiber

Manchmal kommt man an einen Punkt, an dem man einige Aspekte der Außendarstellung adaptieren und überholen muss. Manche gehen fließend und im Laufe der Entwicklung mit einem natürlichen Verlauf einher. Andere verlangen nach einem Paukenschlag, sie sind unmissverständlich an unseren Hüllen abzulesen. Oft ist eine starke Handschrift in der Kunst die Narbe des/der Künstler/in. Am Beispiel von Gottfried Helnwein lässt sich erklären, zu welchen verstörenden und sogleich kraftvollen Werken ein Mensch fähig ist, der das eigens erlebte Dunkel verarbeitet. Helnwein gibt Begriffen wie Gewalt und Angst eine unschuldige Verkleidung. Auch für ihn ist es ein Einschnitt in die Biografie, die seine Selbstwahrnehmung bis hin zur Selbstwirksamkeit prägte. Er malt Schmerz, der bei Betrachtenden ein dumpfes Gefühl von Unbehagen hinterlässt, ohne es oft klar benennen zu können. Helnwein gibt seine Narbe weiter. An die Leinwand, an die Betrachter/innen.

Haben Sie schon einmal beobachtet, dass jemand plötzlich anders spricht, einen Dialekt abgelegt, andere Worte in den Sprachschatz etabliert hat? Oder war es ein kleines Detail, das sich aus einem Anlass heraus plötzlich etablierte und zur Routine wurde?

Bezeichnet man sich als Selbstdarsteller/in, ergibt sich eine Chance, das Leben, das einem widerfährt, zu einer Möglichkeit zu machen. Warum lassen sich Menschen tätowieren? Tragen jahrelange dieselbe Frisur oder richten ihre Garderobe nach einem bestimmten Farbschema aus? Wir streben danach, unser Innerstes nach außen zu kehren. Nicht immer laut, nicht immer exzentrisch, aber sichtbar für die, die lange genug hinsehen. Dabei ist genau das der springende Punkt: Unser gesamtes Äußeres beginnt im Inneren. Unsere Gedanken tragen Merkmale, jedes Erlebnis hat eine Farbe. Manchmal sind es Worte und Akzente, die markieren, woher wir kommen. Gleichzeitig kann es auch ein bestimmtes Verhalten, eine Geste sein, die unser Gefühl von Identität ausdrückt.

Auf dieser Reise wende ich den Blick allmählich von der äußeren Notwendigkeit ab. Selbstdarstellung ist schließlich nur auf den ersten Anschein eine oberflächliche Angelegenheit. Sie liegt verwurzelt in unserer Persönlichkeitsstruktur und dem Drang, eine Ausnahme auf dieser Welt zu markieren.

- Scheiber Jaqueline

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Abbildung:

  • Gottfried Helnwein, "Der Beweis" (Detail), 1986, Landessammlungen Niederösterreich (c) Bildrecht Wien, 2019

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